Wenn Bücherdrachen Bücher bewerten: Lauwarmer Höllenstaub.

Geneigte Lesende!

Nach dem literarischen Totalschaden, also dem Buch, über das Hektor und ich uns letztens unterhalten hatten *KLICK*, brauchten wir dringend eine klitzekleine Erholungspause. Während ich also meine Lesefrustration mit einer Prise Galgenhumor bekämpfte und fleißig weiter an meinen Aufzeichnungen über Hektors Drachensterne arbeitete, setzte dieser auf eine für ihn bewährte Methode, nämlich Kekse. Zwei 1/2 gefüllte – nun leere – Keksdosen später, war der Drache bereit für das nächste Opfer aus dem Reich der Geschichten. Ich … ähm … eher weniger. Aber hey, die Hoffnung stirbt zuletzt, manchmal aber auch schon auf den ersten fünfzig Seiten.

Irgendwann wagte ich es wieder: „Vielleicht … war das zweite Buch besser?“, versuche ich hoffnungsvoll, das Gespräch auf eine weitere Bewertung von Hektor zu lenken.
Hektor wirft mir einen Blick zu, der irgendwo zwischen Mitleid und trockenem Sarkasmus pendelt. „Ka, Hoffnung ist gut. Aber manchmal ist sie wie Feuerfunken im Sturm; die werden schneller davongetragen, als dir lieb ist.“
Ich ziehe resigniert eine Schnute. „Aber die Idee vom Buch klang doch eigentlich toll, der Klappentext auch, oder nicht?“ Ich zeige auf das Buch, das neben der „Papierverschwendung“ – wie Hektor das letzte Buch bezeichnet hatte – liegt.
Er kratzt sich nachdenklich am Kinn. Das Geräusch, das er dabei erzeugt, klingt, als würden seine Krallen über Sandpapier reiben. „Die Idee, ja. Das war wie bei einem Festmahl, bei dem sich die Speisenfolge großartig liest, aber am Ende servieren sie dir nur eine schrumpelige Karotte auf einem Silbertablett.“
Ich kichere ob der Vorstellung. „Vielleicht hat die Umsetzung ja wenigstens … ein bisschen geglänzt?“

Er hebt seine imaginären Augenbrauen, zieht eine Grimasse und zeigt dabei sein messerscharfes Drachengebiss. „Geglänzt? In etwa so wie ein nasser Mehlsack bei Regen.“
Habe ich schon mal gesagt, dass ich seine Vergleiche liebe? Nein? Okay, dann habe ich es hiermit getan. „Ohje. Also … kleine Lichtblicke gab es keine?“
Hektor lehnt sich zurück, verschränkt die Arme vor der breiten Brust und schüttelt den Kopf so theatralisch, dass seine Drachenschuppen rascheln, rauschen und knisternd kleine glühende Funken davonstieben. „Wenn Langeweile ein olympischer Sport wäre, dieses Buch hätte Gold gewonnen. Unangefochten.“
Ich lache wieder, obwohl ich versuche, ernst zu bleiben. „Aber vielleicht wurde es auf den nächsten Seiten besser?“ Mit leiser Zuversicht blicke ich meinen Bücherdrachen an. Hektor hingegen mustert mich, als hätte ich gerade vorgeschlagen, seine Drachenhöhle mit einer einzigen Kerze zu beleuchten. Dann seufzt er so tief, als würde er Jahrhunderte an Lesefrust ausatmen. Vielleicht tut er das sogar, alt genug ist er jedenfalls.
„Gibt es denn überhaupt Hoffnung für das Buch, Hektor?“, frage ich zaghaft.
Hektor schnaubt, als hätte ich ihn gebeten, einen Fliegenpilz zu knutschen. Der Grund dafür folgt nun:

Zwei Drachensterne. Lauwarmer Höhlenstaub.

Die Grundidee hatte Potenzial, aber irgendwo auf Seite 47 ist sie offenbar auf der Strecke geblieben. Figuren mit Tiefe? Leider so flach wie mein Lesekissen nach 500 Jahren Dauerbenutzung. Kann man lesen, muss man aber nicht. Höchstens zur Überbrückung zwischen zwei großartigen Geschichten oder zweier Mittagsschläfchen. Nur lauwarmer Höllenstaub.“

Puh, am Ende blieben also nur zwei Drachensterne übrig – und ein knurrender Drache, der mit Mißmut auf die übrig gebliebenen Kekskrümel starrt. Vielleicht war es ja nur eine literarische Enttäuschung oder einfach der nasse Mehlsack im Plot, der sich negativ auf Hektors Gemütsverfassung auswirkte. In jedem Fall bleibt mir die Hoffnung auf mehr Drachensterne. Eventuell für das nächste Buch?

In diesem Sinne,