Geneigte Lesende,
wie vorgestern berichtet, hat mich ein Buch ziemlich, nun ja, beschäftigt. Ein erotisches Buch wohlgemerkt und natürlich hat mich Hektor erwischt, also ich über der Geschichte gesessen und ordentlich gegrübelt habe. *seufzt* Mein Bücherdrache hat wirklich einen Draht dafür, wenn mich ein Text besonders intensiv beschäftigt. Aber der Kerl ist machnamal unmöglich und schafft es, mich fast zur Weißgluth zu treiben. Hektor meinte, er möchte Euch persönlich erzählen, wie er mich … vorfand.
Sobald ich die Küche betrete, zieht mich der Geruch von frischem Kaffee sofort in seinen Bann. Doch anstatt des köstlichen Duftes von Gebäck oder Kuchen, der meine Nase kitzeln könnte, spüre ich eine merkwürdige Hitze im Raum. Ka sitzt am Küchentisch, eine Hand um ihre Kaffeetasse geschlungen, ihre andere liegt auf einem Buch. Das Gesicht ist knallrot, als hätte sie stundenlang in der Sonne gebrutzelt oder eine Armada meiner Lieblingskekse gebacken. Aber leider sehe ich keine. Wie SCHADE!
„Ka?“ Ich runzle die Stirn und mustere sie. „Was ist los? Irgendwie sieht es so aus, als wärst du direkt aus dem Ofen gekommen. Hast du gebacken?“, frage ich trotz besseren Wissens.
Sie hebt den Blick von ihrem Buch und funkelt mich an, ihre Wangen noch röter als zuvor. „Was? Gebacken? Nein, Hektor!“
Ich schiele auf das Buchcover, das sie hastig zuklappt, bevor ich einen genauen Blick erhaschen kann. „Ähm… also… wenn du nicht gebacken hast, warum ist dein Gesicht dann so rot?“, frage ich, immer noch leicht verwirrt, als mich plötzlich die Erkenntnis packt. „Achsooo, Madame hat eine erotische Geschichte am Haken, nicht wahr? Darum die ungesunde Röte in deinem Gesicht.“ Schmunzelnd stupse ich mit meinem Zeigefinger auf ihre Nase.
Ka rollt genervt mit den Augen, und ich kann nicht anders, als ein wenig weiter zu sticheln. „Oh, warte. Vielleicht bist du auf eine dir bisher unbekannte sexuelle Praktik gestoßen, die dir die Hitze ins Gesicht treibt?“
Sie knallt das Buch auf den Tisch und stöhnt genervt. „Unbekannte sexuelle Praktik? Das ist nicht das Problem! Es ist…“ Sie seufzt tief. „Hektor, wenn du es wissen willst, es geht um das Buch Diebe & Monster. Weißt du, die Protagonistin hat was mit drei Männern, oder sollte ich eher Monster sagen, am Laufen. Eigentlich bin ich ja offen, was erotische Möglichkeiten betrifft, wirklich, doch es gibt ein paar Dinge, mit denen ich mich so unsagbar schwer tue. Zum Beispiel nennt die Protagonistin einen von den Dreien ‚Daddy‘! Klar, es gibt viele Fans im Bereich des Genres BDSM, die diese ‚Daddy‘-Sache sehr gerne lesen, ist ja auch okay, wenn den Lesenden das Spaß macht. Aber für mich ist das fern von dem, was mir beim Lesen gefällt.“
Ich lache unwillkürlich laut auf, schlage mir aber schnell die Hand vor den Mund, als ich ihren tödlichen Blick bemerke. „Oh, okay. Also anstatt einer neuen sexuellen Praktik – eher eine… interessante ‚Daddy‘-Szene, hm?“
„Interessant?“ Ka wirft die Hände in die Luft. „Interessant ist, dass mich diese Szene eben nicht abholt. Ich frage mich da immer, warum man einen erwachsenen Mann, mit dem man ins Bett geht, ‚Daddy‘, also übersetzt ‚Vati‘ oder ‚Papi‘ nennt? Das bringt mich persönlich komplett raus. Aber wie gesagt, okay, wer damit umgehen kann. Ich kann es nicht.“
Unweigerlich huscht ein schelmisches Grinsen über mein Gesicht. „Tja, vielleicht ist er wirklich ein… sehr beschützender Typ?“
Vehement schleudert sie mir das Kissen, welches sie als Buchstütze verwendet hat, quer durch die Küche entgegen. Gerade noch kann ich ihm ausweichen. „Das ist überhaupt nicht witzig, Hektor! Himmel, Arsch und Zwirn. Drei Kerle, eine Frau, da spricht ja nichts dagegen, aber ‚Daddy‘? Klar, mir ist durchaus bewusst, dass es sich mit dem Sex in Büchern ähnlich verhält wie mit dem Lesen von Büchern. Für den einen ist es total toll, für den anderen eben nicht so toll.“ Wie aus dem Nichts purzelt plötzlich ein irres Kichern aus ihrer Kehle. „Aber weißt du, was dem Ganzen das Krönchen aufsetzt? Dass auch noch Spit Play vorkommt! Das katapultiert mein ‚komplett raus‘ noch höher hinaus.“ Offensichtlich frustriert, schleudert Ka ihre langen Haare über die Schultern nach hinten und fährt fort. „Hmmm, weißt du, ich habe vorher bisher nur einmal über diese Praktik gelesen und dort wurde Spitting als Demütigung eingesetzt, um jemanden zu brechen. Doch das Rundherum war für mich – auch wenn absolut verstörend – die Geschichte vorantreibend. Doch dass die Protas in Diebe & Monster dieses ‚Spiel‘ feiern, jagt meinen Puls in die Höhe. Nicht, weil ich es heiß finde, sondern weil ich nicht damit umgehen kann.“ Mit einem resignierten Kopfschütteln beendet sie ihren Monolog.
„Ka! Lass die Protas doch machen, wie sie wollen. Oder soll ich dich dieses Mal tatsächlich mit Hilfe des magischen Fiktionssprungs in Diebe & Monster hineinkatapultieren, damit du ihnen ordentlich den… Mund auswaschen kannst? Das würde ich zu gerne sehen!“ juxe ich herum und vor lauter Lachen, weil Ka geradezu kriminell hektisch ihren Kopf schüttelt und mich voller Entsetzen ansieht, beuge ich mich nach vorne und sehe zu spät, dass ein weiteres Kissen auf mich zufliegt, das mich mitten ins Gesicht trifft. „Das ist überhaupt nicht witzig, Hektor!“, fegt sie mich mit vor der Brust verschränkten Armen entrüstet an. Habe ich es euch schon erzählt, dass ich es liebe, wenn sie zornig wie ein kleiner Giftzwerg wird? Nein? Nun wisst ihr’s.
Um Contenance bemüht, erwidere ich: „Du hast recht, Kleines. Aber ich konnte einfach nicht widerstehen, dich noch ein wenig mehr aufzuziehen.“ Schnell hebe ich die beiden Kissen auf und lege sie zurück auf die Stühle. Ich setze mich ihr gegenüber an den Küchentisch, lege meine Unterarme locker auf der Tischplatte ab, verschränke dabei meine Hände und blicke intensiv in ihre Augen. „Aber sag mal, wie ist das Buch sonst so? Abgesehen von dem… Daddy-Spit-Play-Problem?“
Ka nimmt einen großen Schluck Kaffee, und obwohl sie immer noch niedlich rot im Gesicht ist, kann ich sehen, wie sich ihre Gesichtszüge langsam entspannen. „Die drei Typen sind nicht uninteressant, und der Ansatz der Geschichte ist mal was total Neues für mich. Höllenmonster, die Teil der Schicksals-Mafia sind. Sie wandeln sich beim Sex mit der Protagonistin tatsächlich gerne in Monster, mit haarigen Körpern, Reißzähnen, Knubbeln an den überdimensionierten Penissen und allem, was zu einem Monster dazugehört. Für die Lesenden unter uns, die es gerne haarig mögen, ist das sicherlich ansprechend. Hihihi. Ja, es gibt auch einige wirklich gute Szenen, vor allem aber gefällt mir die Idee der Autorin sehr gut, derart Paranormales mit Mafia-Vibes zu kombinieren, und die häufig vorkommenden erotischen Szenen an sich sind, unabhängig von meinem Problem mit dem Daddy-Spit-Play, spicy geschrieben.“ Sie stockt, bevor sie hinzufügt: „Doch wie gesagt, … dieses Dominanz-Spit-Play und ‚Daddy‘-Dingenskirchen lässt mich diese erotische Geschichte leider, leider nicht so genießen, wie ich es gerne tun würde. Ich finde das echt schade, Hektor.“
Ich nicke verständnisvoll und grinse innerlich. „Tja, ich schätze, das ist nicht jedermanns Sache. Vielleicht solltest du dem Buch trotzdem eine Chance geben. Vielleicht nennt sie ihn später anstatt ‚Daddy‘ noch ‚Onkel‘ oder ‚Großvater‘“, bricht es unaufhaltsam und ungefiltert aus mir hervor.
Wenn Blicke töten könnten, würde ich jetzt mausetot unter dem Tisch liegen…
© Copyright September 2024 von Ka, Meine tägliche Dosis. Alle Rechte vorbehalten.
So ist das geneigte Lesende, wenn man einen Bücherdrachen namens Hektor sein eigen nennt. Und soll ich Euch was sagen? Ich finde es wunderprächtig ihn zu haben, auch wenn er mich auf Teufel komm raus triezt.
In diesem Sinne,
Ka
Bildquelle: Ich habe das Bild nach meinen Vorgaben von einer künstlichen Intelligenz genrieren lassen, die ich übrigens Ki nennen. 😉