Geneigte Lesende!
Wenn ich nur daran denke, bekomme ich feuchte Hände! Ich bin anscheinend auf Byrne-Brüder-Entzug!
„Auf welchem Entzug?“, schallt es aus Hektors Drachenhöhle.
„Auf Byrne-Brüder-Entzug!“, brülle ich lachend zurück. „Denn die bescheren mir inzwischen schon 3 Teile lang tatsächlich so manche Nacht, die fast zum Tage wird.“ Ihr wisst ja sicher aus eigener Erfahrung, dass ein „One Night Stand“ mit einem Buch nicht ohne ist! Denn:
- Zuerst liest man die Kurzzusammenfassung.
- Im Folgenden liest man sich ein.
- Danach wird man in einen Lesesog hineingezogen.
- Dann mutiert man zum Pageturner und kann die Finger nicht mehr vom Buch lassen.
- Und letztendlich, nach nur einer Nacht, eben einem One Night Stand, ist es auch schon ausgelesen.
Nicht namenlos wie evtl. ein echter One Night Stand, sondern namhaft, intensiv, anregend, begeisternd.
Genau das, was ich bis dato aus der Feder von Jill Ramsower vor die Lesenase bekommen habe. Teils ist der Sog so tief, dass ich in die Lektüre abtauche und gar nicht mehr zurück in die Realität kommen will. Haare raufen, lachen, Tränchen verdrücken, freuen, trauern inklusive. Eben das volle Gefühls-Programm.
Also harre ich der Dinge, widme mich bewusst zwischendurch einer anderen Lektüre und versuche standhaft, von den Byrne-Brüdern wegzubleiben. In heller, erwartungsvoller Aufregung eines weiteren Byrne-One Night Stands …
„Was heißt hier One Night Stand, Ka?“, will Hektor von mir wissen, der wie aus dem Nichts hinter meinem Bürostuhl aufgetaucht ist. Ich linse ihn über die Schulter an: „Ich spreche von einem Buch-One Night Stand.“ Grinsend beobachte ich, wie seine Körperspannung nachlässt und mir ein Schwall warmer Luft aus seinen Nüstern liebevoll die Haare zerzaust.
„Und die Byrne-Brüder animieren dich zu One Night Stands? Es sind doch nur fiktive Charaktere aus Büchern …?“, setzt er aufgebracht nach.
„Klar, Hektor. Du kennst mich doch. In mein Bett kommen nur … ähm … Drachen und Bücher.“ Schelmisch funkle ich meinen Bücherdrachen an.
„Du weißt als Bücherdrache so gut wie ich — ich erinnere dich gerne an deine zerlesene Fassung dieser erotischen Drachendame, sorry, ich habe ihren Namen vergessen — wie es ist, in ein Buch einzutauchen. Es geht da nicht nur um die Handlung! Es ist das Gesamtpaket – die Charaktere, die Spannung, das Knistern zwischen den Buchseiten. Wenn ein Buch mich fesselt oder ich mit einem fiktiven Helden ein Interview führe …“, Hektors tiefes Knurren unterbricht kurz meinen Redefluss. Ich tippe, er denkt gerade an den Warrior Lover „Claw“ von Inka Loreen Minden. Doch unbeeindruckt fahre ich fort: „Ist es fast so, als würde ich mit einem echten Menschen flirten!“
Hektor hebt eine seiner nicht vorhandenen Augenbrauen und lehnt sich vorsichtig an meinen Schreibtisch, der unter seinem Gewicht ein Ächzen ausstößt. Gut, dass das Teil dermaßen massiv ist. „Flirten? Also, wenn das so ist, hast du sicher ein paar heiße Kandidaten auf deiner Bücherliste. Ich wette, du bist in der Lage, zu einem fiktiven Charakter eine tiefere Verbindung aufzubauen als mit so manchem Menschen!“ Musternd wandern seine zu Schlitzen zusammengezogenen Augen über mein Gesicht, während er mit den Krallen seiner Drachenpranke ungeduldig, aber rhythmisch auf die Tischplatte klopft.
Sachte lege ich meine Hand auf die klopfende Pranke und verschränke meine kleine Hand mit seiner riesigen. Ich lächle ihn an und schüttle amüsiert den Kopf. „Oh, glaub mir, es gibt Bücher, die sind wie die perfekten Liebhaber. Sie ziehen einen hinein, wissen genau, wie sie dich fesseln, und lassen dich am Ende mit einem Gefühl der Sehnsucht zurück. Bücher machen einfach süchtig! Und du, meine allerliebster Bücherdrache, bist der beste existierende Beweis.“
Hektor blickt mit einem zufriedenen Ausdruck auf seinem Gesicht auf unsere verschränkten Hände und meint: „Du weißt, wie man einen alten Bücherdrachen wie mich um den Finger wickelt, Kleines.“
„Bitte, als ob ich jemals meinen Bücherdrachen um den Finger wickeln würde! Ich bin keine Frau, die einem Mann oder Drachen Honig um den Zahn schmiert, es ist einfach die Wahrheit!“, sage ich herausfordernd, während ich ihm einen Blick zuwerfe. „Du bist einzigartig, Hektor! Und die Byrne-Brüder – die sind wie ein Flirt, der nur für eine Lesenacht gedacht ist. Es ist aufregend, aber ich weiß, dass ich am Morgen aufwache und du meine allerliebste Realität bist.“
Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass Hektor gerade eine leise Röte ins Gesicht steigt. Niedlich!
Eure Ka
© Copyright 18.10.2024 by Ka, Meine tägliche Dosis. Alle Rechte vorbehalten.