Aus Hektors Sicht …
Ich beobachte Ka, wie sie zum dritten Mal den Raum durchquert, die Hände fuchtelnd, das Handy fast wie eine Waffe in ihrer Faust. Ihre Wangen glühen, ihre Augen blitzen. Und obwohl ich mit einem uralten Kriegshammer schon gegen Drachen, Dämonen und degenerierte Schwarzmagier gekämpft habe, bin ich mir in diesem Moment nicht sicher, ob ich sie unterbrechen sollte.
„Und dann, Hektor – dann ritzt der Wichser seinen Namen in ihren Rücken! Mit einem Messer!“ Sie bleibt vor mir stehen, das Handy zittert. „Sag bitte, dass du das genauso krank findest wie ich!“
Ich hebe langsam eine Braue. „Das war keine… konsensuale Szene, nehme ich an?“
„Konsensual?“ Sie schnaubt. „Das war definitiv keine konsensuale Szene, das war ein verdammter Überfall. Und das Schlimmste: Es wird nicht einmal klar verurteilt. Stattdessen gibt’s danach noch einen melancholischen Rückblick auf seine verletzte Seele! Ich hätte ihm gern seine verletzte Seele extrahiert. Mit einem stumpfen Löffel!“
Ich lehne mich zurück. „Du liest diesen… Müll freiwillig, Kleines?“
„Ich lese Dark Romance, Hektor! Ich weiß, worauf ich mich einlasse! Ich bin nicht empfindlich, ich bin nicht naiv – aber was ich nicht ertrage, ist die Verharmlosung von Gewalt unter dem Deckmäntelchen tragischer Leidenschaft. Wenn du sehen könntest, was der Typ da gemacht hat –“
„Ich kann es mir vorstellen. Messer. Zwang. Narben.“ Meine Stimme wird ruhig. Kalt. „Ka, in meiner Welt endet so etwas nicht mit einer Entschuldigung und einem trauernden Blick, sondern mit einem Schwert im Rücken.“
Sie funkelt mich an. „Das ist exakt der Grund, warum ich mit dir darüber reden musste.“
Ich nicke. „Weißt du, es ist eine Sache, düstere Geschichten zu erzählen. Auch ich kenne die Schattenseiten von Leidenschaft. Macht, Besessenheit, Schmerz – das kann in der Literatur, ja selbst in der Realität, eine gewisse Faszination haben. Wenn die Grenzen gewahrt bleiben. Wenn die Autorin oder der Autor sich bewusst ist, was da geschrieben wird. Aber das hier…“
Ich tippe mit einem Finger auf ihr Handy. „Das ist keine Grenzüberschreitung mehr. Das ist ein Frontalangriff auf jede Form von Verantwortung. Und eine Beleidigung für jede Seele, die wirklich Gewalt erlebt hat.“
Sie sinkt auf das Kissen neben mir. „Danke. Ich dachte schon, ich übertreibe.“
„Ich sehe sie ernst an. ‚Ka, du darfst emotional reagieren. Du darfst wütend sein. Du darfst das Scheißbuch am liebsten über einem Vulkan abwerfen. Und wenn du willst, bringe ich dich hin. Ich kenne ein paar. Oder besser noch… ich verbrenne das Ding mit meinem Drachenfeuer.‘“
Sie grinst – erschöpft, aber ehrlich. „Vielleicht reicht auch ein Blogbeitrag.“
„Absolut. Wenn du so herumläufst vor Zorn – setz dich hin und schreib. Sonst platz ich mit dir.“
– © Copyright April 2025 by Ka, Meine tägliche Dosis.
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Was ich nach dem Gespräch geschrieben habe, während Hektor im Hintergrund leise den Wetzstein über sein Broadsword gezogen hat.