Geneigte Lesende,
Hektor meinte, ich solle Euch mal – unabhängig von meinem aktuellen Lesestoff – eine kleine Geschichte erzählen, die sich irgendwann irgendwo in den schottischen Highlands zugetragen haben könnte. Vielleicht sogar ganz ohne Hektors magischen Fiktionssprung *KLICK* ^^
Mit leichtfüßigen Schritten bewegte ich mich durch die Menge. Der Sommerwind spielte mit meinen blonden Zöpfen, während ich das Geschehen um mich herum mit scharfem Blick verfolgte. Doch nicht die Wettkämpfe zogen meine Aufmerksamkeit auf sich. Ein schelmisches Grinsen breitete sich auf meinem Gesicht aus, als meine Augen auf den hochgewachsenen Mann am Rand des Platzes fielen.
Hektor, gekleidet in einen dunklen Kilt mit silbernen Stickereien, stand stoisch mit verschränkten Armen da. Seine gletscherblauen Augen beobachteten das Fest aus der Ferne, und sein Körper war angespannt, als wäre er bereit, in jede Richtung zu springen. Doch der Anblick der festlichen Menge schien ihn nicht zu berühren, als wäre er ein Zuschauer eines Spiels, das ihn nicht betraf.
Aber ich wusste es besser.
Mit einem Funkeln in den Augen trat ich näher. Die Musik wurde lauter, als die Dudelsäcke eine neue Melodie anstimmten. In meinem Inneren formte sich ein Plan, der diesen so ernst wirkenden Krieger aus seiner reservierten Haltung reißen würde.
Ich schob mich an die vorderste Reihe der Zuschauer, die gerade einen Schwerttanz beobachteten, bei dem zwei Kämpfer elegant und kraftvoll über ihre Schwerter sprangen, die gekreuzt auf dem Boden lagen. Als ich mir einen Platz sicherte, stellte ich einen Fuß auf einen der herumliegenden Baustämme und rief frech über das Festgelände: „Ist das alles, was ihr Highlander könnt? Ein paar Tanzschritte und ein bisschen Baumstammwerfen? Da habe ich in meinen Büchern aber Interessanteres gelesen.“
Die Menge verstummte, und Hektors Blick, der mich bisher ignoriert hatte, wanderte nun unvermeidlich zu mir. Sein Gesichtsausdruck war unverändert, doch in seinen Augen blitzte eine Mischung aus Überraschung und Belustigung auf.
„Und du?“, rief er, während er seine rechte Augenbraue anhob. Seine Stimme war tief und ruhig, doch sie trug einen Hauch von Herausforderung in sich. „Glaubst du, du könntest es besser?“
Ich lächelte breit, trat einen Schritt vor und überkreuzte die Arme vor der Brust. „Ich bin vielleicht keine Kriegerin, aber ich habe andere Mittel, um Eindruck zu machen. Soll ich dir zeigen, was ich meine?“
Die Menge hielt den Atem an, als ich in die Mitte des Platzes trat. Ich reckte den Kopf in die Sonne und hob die Arme. In dieser Geste lag ein Versprechen – an den ganzen Clan, aber vor allem an Hektor. Mit eleganten Bewegungen begann ich, mich zu drehen, meine Zöpfe wirbelten mit jeder Drehung im Wind. Es war kein Tanz, der nach Regeln folgte. Ich machte, was mir gefiel: Ich tanzte den Tanz des Lebens, voller Spiel und Harmonie, der alles feierte – Freiheit, Stolz, Freude. Die Menschen um mich herum starrten mich an, als wäre ich selbst der Sommerwind, der über die Highlands wehte.
Hektor beobachtete mich mit verschränkten Armen, sein Blick unverwandt auf mir. Seine anfängliche Kühle begann zu schwinden. Faszination wuchs in seinen Augen, während sich sein Gesichtsausdruck von ungerührt zu interessiert wandelte. Er konnte die Anziehungskraft und die unbändige Lebensfreude, die ich ausstrahlte, nicht mehr ignorieren. Je länger ich tanzte, desto mehr veränderte sich sein Gesichtsausdruck, er wurde regelrecht hitzig, und ein Knistern schien von ihm auszugehen und sich bis zu mir auszubreiten.
Urplötzlich, bei einer besonders gewagten Bewegung, rutschte ich auf einer Rübenscheibe aus, die von einem Tablett gefallen war. Mit einem überraschten Aufschrei landete ich unsanft auf meinem Po, meine Zöpfe flogen wild umher. Innerlich stöhnte ich und der Gedanke „Hochmut kommt vor dem Fall“ schoss mir durch den Kopf.
Für einen Moment herrschte absolute Stille, die nur von meinem verwirrten Ausdruck durchbrochen wurde. Hektors erhitzter Gesichtsausdruck änderte sich, und ein leichtes Zucken spielte um seine Lippen, als könnte er das Grinsen kaum zurückhalten. Bevor ich mich von meinem unglücklichen Fall erholt hatte, brach kraftvolles Lachen aus ihm hervor und schwappte auf die Menschenmenge über. Ich rappelte mich mit einem selbstironischen Giggeln auf, klaubte einen langen Grashalm aus meinem Zopf, der sich bei meinem unfreiwilligen Sturz darin verfangen hatte und verneigte mich so tief, dass meine Zöpfe den Boden berührten. Dann richtete ich mich auf und reckte den Kopf in Hektors Richtung. „Na? Habe ich dich beeindruckt?“
Er schüttelte mit einem Feixen sein Haupt, die Augen funkelten nun voller Anerkennung und – wie ich wusste – auch amüsiertem Respekt. „Mehr, als du denkst“, gab er schließlich zu. „Aber solltest du je ein echtes Duell wollen, wirst du mich im Kampf fordern müssen, nicht auf dem Tanzplatz.“
Ich lachte laut, trat auf ihn zu und hob die Arme. Mit einem spitzbübischen Ausdruck hielt ich mich am Kragen seines Lederharnischs fest und zog ihn sanft zu mir herunter, damit ich „Vielleicht. Aber ich schlage dich lieber mit meinem Charme, als mit einem Schwert“, in sein Ohr flüstern konnte. Hektor blickte mich mit einem Ausdruck an, der sowohl Herausforderung als auch tiefste Zuneigung verriet.
Und während das Fest weiterging und die Sommersonne langsam hinter den Burgmauern versank, wussten wir beide, dass dieses Duell noch lange nicht entschieden war.
© Copyright 18. September 2024 von Ka, Meine tägliche Dosis. Alle Rechte vorbehalten.
Wir lesen uns hoffentlich blad wieder!
Ka