Autoren-Photo: © Swantje Berndt privat
Geneigte Leserinnen und Leser,
ich hatte das Vergnügen das Buch „Rattenfänger“ von S.B. Sasori aka Swantje Berndt zu lesen, das übrigens ein sehr sehr ansprechendes Cover ziert. Es ist der erste Teil einer neuen Reihe der Autorin, mit dem Titel „Hongkong Stories“. Wer die Bücher von ihr kennt weiß, dass es ihr fern liegt über „Friede-Freude-Eierkuchen“ zu schreiben, sie dabei jedoch nie vergisst, ihren Geschichten Hoffnung, Licht, Liebe, Zuneigung, Vertrauen, Freundschaft einzuhauchen und natürlich ein Happy End! Mich hat die Neugierde gepackt, denn „Rattenfänger“ hat mich gepackt und so dachte ich mir, ich lade Frau Berndt in den AutorenSalon von Happy End Bücher ein. Es ist sehr schön, dass sie heute dieser Einladung gefolgt ist.
Herzlich Willkommen Swantje! Es freut mich sehr, dass Du hier bei uns im AutorenSalon bist.
Swantje: Danke dir für die Einladung. Ich fühle mich wundervoll gebauchpinselt, hier sein zu dürfen.
Gebauchpinselt? *g* Na – dann lass uns doch damit weiter machen. Könnte ich Deinen Bauch mit einer Tasse Kaffe und einem Stück Kuchen pinseln? ;))
Swantje: Beides gern und in rohen Mengen.
Cool! Ich bin erfreut! Eine würdige Abnehmerin sitzt mir gegenüber! ^_^ Ich habe hier neben Kaffee und Kuchen auch ein Zitat aus Deinem aktuellen Buch „Rattenfänger“:
„Die besten Abschiede sind kurz und knackig, ohne viel Brimborium.“ Die besten Abschiede finden nie statt. Mein Herz wiegt Tonnen.
Diese Textpassage, die hat es mir sehr angetan, weil es sowohl als auch stimmt! Sie spiegelt die Abschiedsszene zwischen Dean und seinem Vater. Im Nachhinein wäre es für Dean, einen deiner Hauptprotagonisten, besser gewesen, wenn er sich nie von seinem Vater hätte verabschieden müssen. Bleiben wir doch gleich bei Dean. Er ist ein junger, unerfahrener Mann, der auf die harte Tour lernt, wie das Leben laufen kann. Kannst Du diesen Engel beschreiben? Insgeheim nenne ich ihn so, weil er wie ein unschuldiges Wesen wirkt in seiner Gutgläubigkeit, in seinem Bestreben nichts falsch zu machen, bereit jemanden beizustehen um dabei dann gehörig auf die Nase zu fallen.
Swantje: Dean ist so ein Typ, der sich auf leisen Sohlen in meinen Kopf geschlichen hat. Ich war anfangs von seiner Naivität erschrocken und zig mal kurz davor, ihn umzuschreiben. Doch das wäre unfair gewesen. Er ist, wie er ist, auch wenn ich ihn nicht ganz verstehe. Es fiel mir schwer, bei ihm konsequent zu bleiben. Eine meiner Rezensenten hat geschrieben „… den kann man ja nicht allein lassen.“ Damit hat er zweifellos recht. Dean ist ein Junge, der, zumindest vorläufig, an die Hand genommen werden muss. Wenigstens in einer Umgebung wie Kowloon.
Ich finde es nur nachvollziebar, dass er noch so etwas wie „Anleitung“ braucht. Die bräuchte selbst ich in Kowloon und ich bin um einiges älter als er!
Wenn ich an die Schlussszene von „Rattenfänger“ denke, könnte ich vor Rührung heulen. Diese kleine intensive Geste der Hoffnung. Sag mal, wie schaffst Du es, einen gefühlsmäßig so zu packen? Ich meine, mir ist schon klar, dass es durch Deine Art zu schreiben geschieht. Vielleicht ist es besser wenn ich frage: Was passiert in dir als Autor, wenn du derart gefühlsgelandene Szenen schreibst? Trinkst du dabei ganz cool eine Tasse Kaffee und hämmerst einhändig in die Tastatur, oder rauchst Du vor Aufregung eine Zigarillo, oder wie sieht das aus? 😉
Swantje: Fakt ist: Ich brauche für jedes Ende meiner Bücher mindestens vier bis fünf Anläufe. Die erste Variante ist stets grottenschlecht. Überzogen, zu kalt, zu kurz, zu kitschig, zu böse … wie auch immer. Dann starte ich ein paar Versuche, von denen auch die Lektorin ein, zwei zu sehen bekommt … die dann die Hände über den Kopf zusammen schlägt und mich schüttelt. Schließlich kommt meine Rückzugsphase, in der ich wirklich nichts und niemanden an mich ranlasse und bis über die Ohren in der Geschichte stecke. Die dauert ein paar Tage bis zwei Wochen.
Und dann weiß ich plötzlich, wie es funktionieren muss. Die letzte Version braucht dann höchstens nur noch ein paar Streichungen, aber sonst passt sie.
Ich habe auf Deiner facebook-Seite gelesen, „Rattenfänger“ wäre keine leichte Geburt gewesen. Woran lag es? Denn beim Lesen merkt man absolut nichts davon!
Swantje: An den tausend Varianten des Finales *lacht* Die Gratwanderung zwischen zu seicht und zu grausam war eine wackelige Angelegenheit für mich.
Na, meines Erachtens steht der Schluss jetzt voll stabil auf beiden Beinen! 😉
Mit Joseph Wakane hast Du einen Charakter geschaffen, der einem salopp gesagt, die Schuhe auszieht. Er ist der der auch das tolle Cover von „Rattenfänger“ ziert, oder? :3 Er ist …, ich weiß gar nicht, wie ich ihn beschreiben soll! Mach Du das doch bitte lieber! *grinst Swantje an*
Swantje: Ich bin sicher, Joseph will nicht beschrieben werden. Dazu ist er zu präsent. Liam zeichnet ihn. Mit gutem Grund. Und sagt über ihn, er sei ein Pfau. Der stolzeste und arroganteste, den er je gesehen hat.
Allerdings trägt Joseph ja nicht umsonst den tätowierten Samurai auf dem Rücken … und die zarten Kirschblüten auf dem Unterarm. Er ist absolut gegensätzlich. Sowohl in seinen Bedürfnissen, als auch in der Beurteilung sich selbst gegenüber. Um ihn auch nur ansatzweise auszuloten, muss man Zeit mit ihm teilen, ihn erleben und erlesen.
Verstehe, beim Joseph Erleben und Erlesen, bin ich ja schon gut dabei! 😉
Überhaupt, alle Deine Hauptprotas haben was, ebenso wie die Nebenprotagonisten. Da steht Liam, der in Joseph verliebt ist, keinem nach! Ich mag den Iren sehr! Er ist für mich persönlich wie ein Fels in der Brandung. Ein Mensch, auf den man zählen kann und dem das Leben und das Leben der Menschen – selbst in so einer kaputten Welt wie 2037 – etwas Wert ist. Ich denke, das liegt nicht nur daran das er Arzt ist. Was spricht Dein Autorenherz über ihn?
Swantje: Von Menschen wie Liam kann es nicht genug auf der Welt geben. Er ist längst über den Punkt hinaus, irgendjemandem etwas vormachen zu müssen. Liam lebt, scheitert, leidet, genießt ohne eine Entschuldigung auf den Lippen. Ihm ist komplett egal, wie er auf andere wirkt und was andere von ihm halten (Joseph vielleicht ausgenommen.) Seine Offenheit war während des Schreibens eine Erholung für mich.
Ein wirklich schöner Charakter, Dein Liam!
Wie gehst Du eigentlich beim Schreiben mit Charakteren, wie zum Beispiel Nimrod um. Er ist – okay, ein Produkt der Gesellschaft, und zwar eher ein etwas negatives – ein Charakter, der nicht unbedingt als sonderlich sympathisch rüberkommt. Fällt es dir schwer, solche Protagonisten zum Leben zu erwecken?
Swantje: Gar nicht. Ich liebe Schurken. Nimrod ist noch längst nicht am Ende seiner Messlatte angekommen. Ich freue mich auf Band 2. Die Bösewichter gehen mir weitaus flockiger von der Hand, als die Helden, weshalb es so richtige Helden in meinen Romanen auch nicht gibt. Dezente Macken haben sie alle.
Was Deinen Büchern sehr zugute kommt! Hongkong Stories – wohlgemerkt Mehrzahl – wird also ein Mehrteiler. Weißt Du schon jetzt, wie viele Bücher es werden sollen, oder ergibt sich das für Dich erst beim Schreiben?
Swantje: Die Serie dient mir in erster Linie als Blitzableiter, wenn ich so was Derbes mal wieder nötig habe. Was heißt: zwischen zwei „normalen“ Romanen wird immer eine weitere Folge geschrieben werden. So lange, bis mir die Protagonisten die Mitarbeit verweigern.
Als Blitzableiter? Sieh an sieh an! Na, da bin ja mal gespannt, wann wo was bei Dir wieder einschlägt. 😉
Was würdest Du als erstes tun, wenn Du die Möglichkeit hättest Kowloon, den Ort an dem „Rattenfänger“ spielt, zu besuchen? Ausgestattet mit dem Wissen, das Du jetzt, nach dieser Geschichte hast? Wohin führt Dich Dein erster Weg?
Swantje: Der Witz: Kowloon ist auch heute schon massiv überfüllt und Stadtteile wie Tai Kok Tsui beherbergen ja tatsächlich die „Cage-People“. Bordelle und Klubs, Glücksspiel und Kriminalität existieren natürlich auch längst. Ich habe es einfach nur ein wenig überspitzt, weil ich tatsächlich einen „Moloch“ mit einem drastischeren Menschenbild und anarchischen Strukturen wollte.
Aber: wenn ich jetzt nach Kowloon reisen würde, würde ich mich wahrscheinlich durch die Garküchen probieren und von irgendeinem Händler ein Drachenmaskottchen kaufen. Ganz harmlos.
Doch ich würde Ausschau nach Menschen wie Joseph halten. So ganz unauffällig und nebenbei.
Du bist eine Autorin, ich glaube, ich darf das so sagen, die ihren Lesern einiges an menschlichen Abgründen zumutet. Hegst Du manchmal die Befürchtung, dass Du sie mit gewissen Dingen überfordern könntest?
Swantje: Ja. Ständig. Und das tue ich auch. Ich erinnere mich an heftige Auseinandersetzungen in Leserunden plus krassen PN’s und sogar Mails, in denen mir einzelne Leser sehr deutlich kundgetan haben, dass meine Geschichten in einigen Szenen zu weit gehen (Bestes Beispiel: Die Schlangenfluch-Trilogie. Teilweise habe ich da die Ohren angelegt).
Was soll ich sagen? Der Weg ist unendlich und jeder entscheidet selbst, wie weit er ihn beschreiten will. Es steht jedem frei, meine Geschichten dann zu verlassen, wenn sie wehtun. Allerdings liefere ich brav das Heilmittel inklusive, nur dazu muss man sich schon auf den ein oder anderen Abgrund einlassen.
Stimmt. Die Heilung lieferst Du mit! Was verdammt gut für den Leser ist. Eine letzte Frage: Wie wäre es mit ein wenig Input, wie es für Liam, Joseph und Dean weitergehen wird. Nur einen klitzekleinen Ausblick … *mit den Wimpern klimpert* Geht das?
Swantje: Aber nur ein Hauch 😉
Joseph rückt in den Mittelpunkt, indem er paradoxerweise an den Rand getrieben wird. Liam verzweifelt wegen zehn Minuten und Dean erlebt sich in einer für ihn ungewöhnlichen Rolle. Der Puppenspieler, der das ganze inszeniert, heißt Gage. Aber das wird niemanden wirklich verwundern.
Na super! Hoffentlich schlägt bald der literarische Blitz ein, damit es bald weitergeht mit den Hongkong Stories! 😀
Liebe Swantje, ich danke Dir, dass Du mir und unseren Lesern ein wenig über „Rattenfänger“ und die „Hongkong Stories“ erzählt hast! Freue mich sehr auf Nachschub! Apropos Nachschub. 😀 Weißt Du eigentlich schon, wann es mit dem dritten Teil von „Bündnis der Sieben“ weiter gehen wird?
Swantje: Ja, sogar ganz genau. Entweder zum Jahreswechsel oder knapp im neuen Jahr.
Da lacht meine Bücherseele! Danke Dir!
Swantje: Hat mich sehr gefreut, mit dir zu plaudern, auch wenn jetzt dein Kaffee leer und dein Kuchen drastisch reduziert ist. Lecker war beides. Herzlichen Dank, liebe Ka.
Es war mir ein Vergnügen, Swantje! *schnapp sich schnell das übrig gebliebene letzte Stückchen Kuchen*
Es grüßt Euch, die Ka