Blog Hektor

Fast-Feuersbrunst in der Bibliothek!

  • 13. August 2019

Drachen können so durchgeknallt sein, geneigte Leserinnen und Leser! Aber lest selbst … *seufzt kerkertief*

„Am liebsten würde ich eine stille Ecke in der Bibliothek nutzen, dich gegen eins der Regale drücken um heftig ein paar Bücher raus zu rütteln.“
„Was hast du gesagt, Hektor?“ Leider habe ich nicht ansatzweise die Hälfte von dem verstanden, was er gerade von sich gab. Kein Wunder, er hat es sich in der Bibliothek gemütlich gemacht, während ich noch bei einem Kaffee am Frühstückstresen sitze und mir „Sanfte Geräusche aus der Natur – Brandung des Meeres“ anhöre. Warum? Weil ich mich irgendwie erden muss. Ich hatte heute Nacht nämlich einen höchst aufregenden Traum, der sich so real angefühlt hatte, dass er mir immer noch tief in den Knochen steckt. Ich habe von Hektor geträumt. Er hatte mich gerufen und ich bin runter in seine Drachenhöhle gegangen und ta-taa, stand da ein waschechter Kerl vor mir. Nur wegen der hell funkelnden, gletscherblauen Augen, die ich so nur von meinem Bücherdrachen kenne, war mir klar, dass es sich um Hektor in seiner menschlichen Gestalt handeln muss. Das ist die Kurzfassung des Traums. Die lange, erzähle ich Euch vielleicht ein anderes Mal, sollte ich sie je verdauen. Oh Mann, war das ein Tripp! Wenn ich nur daran denke, galoppiert mein Herz einen schottischen Reel.
Umständlich räuspere ich mich bei dem Gedanken, was da gestern Nacht alles los war und schwöre mir insgeheim Hektor nie den ganzen Umfang des Traums zu erzählen. Schon merke ich, wie mir die Hitze ins Gesicht steigt.
„Ich sagte, am liebsten würde ich in dieser Ecke der Bibliothek eines der Regale mit einem Teil meiner Folianten füllen“, höre ich Hektor nun laut und deutlich rufen. „Echt? Das würdest du tun? OMG! Hektor, das ist ja fantastisch.“ Hocherfreut springe ich vom Hocker, der am Küchentresen steht und verlasse mit schnellen Schritten die Küche. Ich fliege regelrecht in die Bibliothek und drücke mich dicht an meinen Bücherdrachen. Dabei berühren sich meine Hände nicht mal, die ich um seinen starken Hals gelegt habe, als er sich zu mir runter gebeugt hat. Es kommt mir so vor, als wären wir Atreju und Fuchur aus Michael Endes „Die unendliche Geschichte“, nur dass Hektor kein kuschelig weicher Glücksdrache ist! Innerlich amüsiere ich mich köstlich über den Anblick, den wir beiden sicherlich abgeben. „Du meinst das wirklich ernst?“, flüstere ich ihm ins spitzes Drachenohr.
„Ja, ich meine es ernst, Ka“, vorsichtig streicht Hektor mit einer seiner Klauen bewehrten Pranke über meinen Rücken und drück mich fester an sich. „Ich habe mir gedacht, wir könnten uns diese riesige Bibliothek teilen, wenn du möchtest. Du hast zwar schon massenhaft Schätze angesammelt, aber da ist noch genug Platz für mehr davon. So groß und hoch wie dieser Raum ist. Deshalb könnten wir ein paar meine Bücher hier rauf schaffen.“
„Ich fasse es nicht, dass du mit deinen Büchern zu mir nach oben ziehen möchtest!“ Ich mag Hektor gar nicht mehr los lassen und drücke meine Nase an seinem Hals platt, während ich tief seinen Geruch einatme. Hmmm, in meinem Traum hat er genauso lecker gerochen. Bevor ich den Gedanken richtig fassen kann, meint Hektor:
„Na, ganz werde ich das ja nicht tun“, er lacht leise „soviel Platz ist hier oben nicht für meine komplette Sammlung. Ich hatte schließlich viele Jahrhunderte Zeit sie anzuhäufen.“ Sanft zieht er mich aus der Umarmung und sieht mich prüfend an. „Was ist mit dir? Du hast Ringe unter den Augen und siehst zerrupfter aus als sonst.“
„So charmant wie eh und je“, werfe ich pikiert ein.
„Hast du wieder bis in alle Puppen im Bett gelesen?“ Sein Blick wandert über meinen rot karierten Flanell Pyjama und bleibt an meinen nackten Füßen hängen. „Hattest du noch keinen Kaffe?“, setzt er fragend nach und zupft an einer der zerknautschten Strähnen, die sich über Nacht aus meinem geflochtenen Zopf gelöst haben. „Doch, zwei Tassen. Irgendwie komme ich nicht so recht in die Puschen. Weißt du, die Nacht war echt irre.“ Ein seltsamer Ausdruck huscht über Hektors Gesicht. Ich kann ihn nicht so recht zuordnen. Er sieht ertappt aus, doch dann verflüchtigte sich der Moment auch schon wieder. „Ich habe in dem alten Buch über Drachen gelesen, das du mir gegeben hast und konnte gar nicht mehr aufhören darin zu stöbern. Darüber bin ich wohl eingeschlafen. Jedenfalls hatte ich einen irren Traum, der mich total aufgewühlt hat und als ich aufgewacht bin, lag ich auf dem Sofa in der Bibliothek, das Buch über meine Brust ausgebreitet. Hmmm. Das letzte Mal bin ich als Kind schlafgewandelt.“ Irritiert drücke ich meine Hände auf die Augen und reibe sie kräftig um endgültig den Schlaf zu vertreiben.
„Darüber solltest du dich wirklich nicht wundern Ka! Du weißt doch, Bücher sind magisch, verleiten zum Träumen …“ fängt Hektor an „… und fühlen sich realer an als die Realität“, beende ich den Satz.
„Du hast deine Eindrücke aus dem Buch sicherlich mit in den Schlaf und deine Träume hinein genommen.“ Hektor schnappt sich meinen Zopf, der über einer Schulter hängt und wickelt ihn um seine Klaue. „Ich gebe dir heute ein anderes Drachenbuch, du wirst sehen, magisch wie es ist, wird es dich sicher wieder bis in deine Träume begleiten …“
„Dir ist schon klar, dass ich dann definitiv was anderes ins Bett anziehen werden“, schnell bewege ich meine Hände von den Schultern nach unten um seinen Blick auf meinem Lieblingspyjama zu richten. „Wer weiß, wer mir im Traum begegnet!“
Mit verkniffener Miene sieht mich Hektor an und wickelt meinen ruppig Zopf wieder ab. „Ich wüsste nicht, warum du deshalb was anderes anziehen solltest!“
„Au! Das ziept, Drache!“, quietsche ich auf, als sich seine Kralle in meinem Haar verheddert und helfe ihm beim Entwirren. „Sieh mich doch an, so kann ich unmöglich erneut ins Bett gehen. Okay, dem Kerl aus meinem Traum schien mein Schlafanzug nicht zu stören“, dieses kleine Traumstückchen kann ich ihm sicher offenbaren. Er weiß ja nicht, dass von ihm die Rede ist. „Wenn ich Dank eines anderen Drachenbuches noch mal von so einer heißen Sahneschnitte träume, dann sicherlich nicht mit einem rotem Flanell Pyjama bekleidet! Da habe ich was andere im Sinn …“ Lachend stupse ich mit dem Zeigefinger auf Hektors breite Nase. Er starr mich zuerst höchst erfreut an, bis sich seine Mimik schlagartig ändert. Offensichtlich habe ich ihn mit irgendwas verärgert, denn aus seiner Brust steigt ein kräftiges tiefes Knurren hervor, das in eine Art Fauchen übergeht.
Ohoh, das kenne ich und das hört sich gar nicht gut an. Schnell suche ich mein Heil in der Flucht, als ich es auch schon heiß hinter mir aufwallen spüre.
Tatsächlich hat er es wieder getan und einen Feuerschub ausgestoßen! „Bist du verrückt?! Fast hättet du meinen Hintern geröstet!“ Hektisch wedle ich mit meiner Hand an besagter Stelle herum. „Wegen dir muss ich noch meine Feuerversicherung aufstocken, denn irgendwann kokelst du tatsächlich was an!“, rufe ich von der Türe aus entrüstet über die Schulter.
„Du bekommst heute Nacht auf keinen Fall ein anderes Drachenbuch, nur dass du es weißt, Froilein Ka!“, blafft Hektor zurück.
„Boah! Du bist so ein Miesepeter. Dann eben nicht, behalte es! Ich habe ja noch das von gestern Nacht! Aber das sag’ ich dir, solltest du mit einem weiteren Feuerschub meine Bücher an kokeln, bist du sowas von fällig!“
„Du bist auch bald fällig …“, meine ich ihn in seinen nichtvorhandenen Bart murmeln zu hören.

Da habe ich mich sicher verhört! Drachen! *pffft*

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