Geneigte Lesende,
ich tippe gerade am Erfassungsbogen der „The Canterbury Tales“ von Geoffrey Chaucer, welche ich in den unendlichen Weiten von Hektors Bibliothek gefunden habe, als ich es knistern höre. Ich spitze die Ohren und bemerke, dass das Knistern näher kommt und vom Rhythmus stampfender Schritte in schweren Bikerstiefeln begleitet wird.
Langsam rolle ich meinen Bürostuhl nach hinten, stehe auf, um aus der offenen Tür zu linsen. Ich stecke nur meinen Kopf in den Gang und sehe Hektors Bruder Malik, um dessen Kopf kleine Feuerfunken sprühen und knistern, während seine zu Fäusten geballten Hände im Einklang mit seinen Schritten hin- und her schwingen. Er macht insgesamt einen mächtig derangierten Eindruck, und sein Gesicht ist zu einer grimmigen Maske verzogen. Ein Hemdzipfel hängt aus seiner um die Hüften eng anliegenden Jeans, und ein paar der oberen Knöpfe stehen offen, was mir einen Blick auf seine stattliche Brust beschert. Nicht, dass ich linsen würde. Hust. Kurz erwäge ich, die Flucht einzuschlagen, als ich in seine Augen blicke, denn sie haben komplett ihre Form verändert. Anstelle runder Pupillen sehe ich langgezogene. Anstatt eines sanften Glitzerns blitzt die smaragdgrüne Iris wütend, als er an mir vorbei stiefelt. Anstelle den Rückzug anzutreten, trete ich ganz aus dem Zimmer. „Malik, was ist dir denn über die Leber gelaufen?“, frage ich nach.
Stoisch stürmt er weiter, sodass ich mich gezwungen sehe – schließlich will ich wissen, was los ist und ob ich helfen kann – ihm hinterherzulaufen, was mir bei seinen ausufernden Schritten nicht erspart bleibt. Als ich ihn erreiche, hänge ich mich an seinem linken Arm fest und versuche, Schritt zu halten. „Kann ich dir irgendwie helfen, Malik? Hat dich etwa Hektor verärgert?“ Allmählich komme ich bei dem Affenzahn, den er vorlegt, aus der Puste. Denn inzwischen hechtet er die Treppenflucht in den zweiten Stock hinauf, wo sich sein Zimmer befindet. Ohne meine Fragen zu beachten, stürmt er auf die Zimmertür zu, reißt sie auf, zieht mich hinter sich her und schließt die Tür mit einem lauten Knall.
„War das eben nicht etwas pubertär?“ Ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen, als Malik pikiert seine Hände in die Hüften stemmt. „Pubertär? Mitnichten, Ka! Einzig das Verhalten meines lieben Bruders Hektor ist PUBERTÄR!“
So etwas wie ein gebrülltes „Idiot cenfigennus“ folgt dieser Aussage, aber ich habe keine Ahnung, was das im Zusammenhang mit Idiot heißt. Trotzdem lasse ich Malik weiter lärmen, weil es ihm danach sicherlich besser geht. „Er ist ein Arsch gyda chlustiau, jawohl, das ist er!“ Schnaubend lässt er sich nach seiner Schimpftriade in einen der drei Sessel fallen, die gefällig in einer Ecke des riesigen Zimmers um einen Tisch herum arrangiert sind. Ich folge ihm und setze mich auf die Chaiselongue, die das Ensemble vervollständigt. „Wie es aussieht, geht es dir jetzt besser. Deine Augen sehen wieder menschlich aus und die knisternden Funken sprühen auch nicht mehr so stark um deinen Kopf herum, auch wenn das eigentlich recht niedlich aussieht …“
Schmunzelnd lasse ich meinen Blick um seinen Kopf herum wandern. Maliks rechter Mundwinkel zuckt nach oben und er wuschelt sich durchs Haar, um die restlichen Funken zu vertreiben, die davon stieben und verglühen. „Kannst du mir nun erzählen, was eben los war?“, will ich von Hektors Bruder wissen.
„Es fing alles total harmlos an. Wir haben uns über Bücher unterhalten.“, Was sonst! „Kannst du dich an unser gestriges Buchtreffen erinnern? Jamie hatte doch so begeistert von diesem neuen Autor erzählt, der über die walisische Geschichte schreibt, und ich wusste, ich muss mir eines seiner Bücher gönnen. Also habe ich das Hektor gegenüber erwähnt.“
Ohje, ich hoffe nicht, dass er jetzt das sagt, was ich vermute. Leider liege ich sowas von richtig. „Jedenfalls erzählte ich auch, dass du mit dem Lesen eines Kapitels aus einem erotischen Buch dran warst, welches unser Thema des Abends war.“ Inzwischen bin ich vor Aufregung ganz nach hinten an die Lehne der Chaiselongue gerutscht, sodass meine Beine den Boden nicht mehr berühren. Während ich nervös mit den Zähnen meine Unterlippe maltretiere, schnappe ich mir eines der Kissen und drücke es gegen meinen Bauch.
Malik erzählt weiter. „Natürlich wollte er wissen, aus welchem Buch die Passage war. So erzählte ich ihm, dass die erotische Szene aus dem neuen Warrior Lover „Shade“ von Inka Loreen Minden gestammt hat. Aber wie dem auch sei, als ich dann sagte, dass mir dabei fast die Sicherungen durchgebrannt sind, weil du das so herrlich erotisch intensiv gesprochen hast, ist er plötzlich ganz still geworden. Woher hätte ich denn wissen sollen, dass das die Ruhe vor dem Sturm war?“
Upsi! Armer, armer Malik.
Frustriert zuckt er mit den Schultern und berichtet, dass sich Hektor plötzlich in null Komma nichts in seine Drachengestalt verwandelt hat und einen gewaltigen Feuerstoß auf ihn losließ, dem er gerade noch ausweichen konnte. Zum krönenden Abschluss hat er den armen Kerl tatsächlich am Fußknöchel gepackt und nach oben gehoben, sodass er mit dem Kopf nach unten hing. Dann wurde Malik auch noch ordentlich durchgeschüttelt, was seinen derangierten Zustand erklärt. Während Maliks Welt auf dem Kopf stand, brüllte Hektor ihn auch noch an.
Auf meine Frage hin, was genau er denn von sich gegeben hatte, meint Malik: „Glaub mir, das willst du nicht wissen!“
„… und wie ich das wissen will. Es kann nicht angehen, dass er sich so aufspielt. Du bist schließlich sein Bruder“, beende ich den Satz.
„Kann es sein, Ka, dass du ihm schon etwas Erotisches vorgelesen hast?“ möchte er wissen. Ich drücke das Kissen gegen mein Gesicht und nicke mit dem Kopf. Ich vermute mal, das Nicken kann Malik nur erahnen. „Das erklärt seine Reaktion. Er will den erotischen Hörgenuss für sich alleine haben!“
Verdammt und zugenäht. „Das tut mir so unendlich leid, Malik“, nuschle ich nach wie vor hinter dem Kissen versteckt. „Wenn ich gewusst hätte, was dieses Vorlesen hervorruft, hätte ich beim Treffen nie und nimmer eine erotische Passage vorgelesen.“ Ich nehme das Kissen herunter und schaue Malik an, der mir mit einem dicken Lächeln im Gesicht erwidert: „Das war es mir allemal wert, Ka. Eines sage ich dir, falls du Hektor was Erotisches aus „Shade“ vorlesen solltest, möchte ich unbedingt Mäuschen spielen. Noch besser, du ladest mich dann ein, damit ich beobachten kann, wie ihm die Sicherungen durchbrennen.“
Lachend werfe ich das Kissen nach ihm, welches er geschickt mit der rechten Hand auffängt. Habe ich schon mal erwähnt, wie sehr ich den Kerl mag? Er ist wie ein großer Bruder für mich, und ich genieße unsere Gespräche und Kabbeleien sehr. „Ich würde dich ja einladen, Malik“, setze ich an. Denn mir wird mehr als deutlich bewusst, dass Malik für solche Aktionen der ideale Puffer zwischen meinem Bücherdrachen und mir wäre. „… aber, ich denke, Hektor wird ein höchst feuriges, mit schwarzen Rauchschwaden versehenes Veto einlegen.“ Die Vorstellung alleine reicht, dass wir beide in schallendes Gelächter ausbrechen.
Mit einem Mal hallt ein lautes, knurrig forderndes „Ka, wo bist du? Du wolltest doch ‚The Canterbury Tales‘ erfassen!“, zu uns nach oben.
„Dann werde ich wohl gehen und einen gewissen Bücherdrachen beruhigen.“ Mit einem Zwinkern in Maliks Richtung stehe ich auf und verlasse sein Zimmer. Mein Ziel: Die Höhle des Löwen … ähm, ich meine des Drachen!
© Copyright 20. September 2024 von Ka, Meine tägliche Dosis. Alle Rechte vorbehalten.
Ja, geneigte Lesende,
so kann es gehen wenn ein gewisser Herr Hektor am Rad dreht! Man kann es auch vornehm auf den Punkt bringen: Bücherdrachen und ihre Leidenschaft für erotische Literatur. *knchchch*
Hier noch mehr Input zum neuen „Warrior Lover – Shade“ von Inka Loreen Minden. Ich mache das jetzt ganz heimlich, bevor Hektor wieder, gelinde gesagt, ein wenig … eskaliert. 😀
Enemies to Lovers Romance
Können aus Feinden Liebende werden?
Wie eine Heuschreckenplage zieht eine Gruppe Warrior über Miris karge Heimatinsel. Die Muskelprotze verleiben sich alles ein, was sie zwischen die Finger bekommen. Dabei haben die Überlebenden des schrecklichen Krieges selbst nicht viel. Doch das ist den Warrior egal. Sie führen sich auf wie die Herrscher der Welt und verschleppen die braven Bewohner, die ihnen auf alle erdenklichen Arten zu Diensten sein müssen.
Die Begegnung mit Miri zeigt dem Warrior Shade, dass sein Verhalten nicht gerade dazu beiträgt, ihr Herz zu gewinnen. Bloß trifft ihn die Erkenntnis fast zu spät, da seine wahre Natur, die tief in seiner DNS verankert ist, immer stärker nach vorne drängt und sein rationales Denkvermögen unterdrückt.
Wird es Miri schaffen, seine animalische Seite zu bändigen und ihr Volk zu retten? (Quelle Klappentext und Cover: Inka Loreen Minden)
Ich mag es sehr, dass man alleine anhand der Gestaltung der Titelseiten der „Warrior Lover“-Reihe erkennt, dass es sich eben um die „Warrior Lover“-Reihe handelt! Ein wirklich toller Wiedererkennungswert! Hmmm, ich denke, ich sollte vielleicht aus der „Warrior Lover“-Reihe mal einen Beitrag für CoverMania machen! Das bietet sich geradezu an.
Wir lesen uns!
Ka
Bildquelle „Hektor und Marek“: Ich habe das Bild nach meinen Vorgaben von einer künstlichen Intelligenz genrieren lassen, die ich übrigens Ki nennen. 😉 Und hey, Ki erinnert mich manchmal an Hektor. *bahahahaha*